Kapitel 8: Die Reise geht weiter

„wenn ich bereits in einem Beruf so gut geworden bin, für den ich nie eine Passion hatte, dann frag ich mich manchmal, was passieren würde, wenn ich tatsächlich etwas mache, das mir Spaß macht!“ Gedankengänge ein paar Jahre zuvor.

Als ich mich vor genau einem Jahr entschied, alles zu verkaufen (25. April 2016 – Erster Aufruf auf FB für meinen Flohmarkt) und somit meinem damaligen Leben ein endgültiges Ende zu setzen wusste ich nicht, was passieren würde, ich wusste nur dass es funktioniert! Es gab nur diese eine Option zu der es mich hinzog, aber dafür mit einer Motivation, die nur ein jahrelang in Ketten gehaltener Geist anstreben konnte und somit gab es für mich keinen Zweifel.

Festgefahrene Strukturen hatten mich eine Zeit lang in Sicherheit gewogen, aber im Nachhinein betrachtet meinen Kopf in einen goldenen Käfig gepackt und in Watte ertränkt. Ein unbefristeter Arbeitsvertrag war die letzten 7 Jahre das richtige Mittel für mich, wurde gegen Ende jedoch zu einer größeren Last, als dass es mich entlastete, denn er hielt mich in einer Abhängigkeit. Eine Abhängigkeit, Rechnungen bezahlen zu müssen und aus diesem Grund Stunde um Stunde meine Zeit zu opfern, um die Wünsche mir völlig fremder Menschen zu erfüllen anstatt meiner eigenen.
Selbst das Tätowieren, welches in der Theorie die Chance meines Lebens hätte sein können, machte mich nicht glücklich zu der Zeit, wobei ich noch heute dankbar bin und mir offen lasse irgendwann dorthin zurückzukehren. Aber nicht jetzt!

Ich stehe an einer Kreuzung,an der es nur eine Richtung gibt: Meine!
Schon an der Entscheidung nach Kolumbien zurückzukehren merkt man, wie wichtig mir eine Wohlfühlatmosphäre zu der Zeit war. Nicht Hals über Kopf ins Unbekannte. Ich wusste genau wo ich ankommen würde. In welcher Stadt. An welchem Flughafen. Ich kannte die Kultur und hatte genug Geld, um mir erst mal keine Sorgen machen zu müssen.
Sehr schnell nachdem ich Deutschland verlassen hatte fand ich mich in einer Komfortzone wieder. Lediglich 2 Wochen nach Abflug rannte ich in die Arme eines guten Freundes, welcher mir bereits vor 4 Jahren geholfen hatte und dieser gab mir den Ort und die Ruhe über alles nachzudenken und mich langsam aber stetig in meiner Geschwindigkeit zu entwickeln. Meine Gedanken dahingehen zu lassen, wo sie von alleine hin wollten. Meine Kreativität das machen zu lassen, was sie wollte und im Stande war. („La Fuente es en mi!“ – „Die Quelle ist in mir“ – Zitat Ryan’s, einer der Volunteere im La Fuente B&B).
Keine Einflüsse, kein Druck!
Danke.


(Im Bild: Ein Lesezeichen, welches ich als Danke schön gemacht habe)

Nach 4 Monaten hatte ich noch immer sehr wenig Geld ausgegeben und damit hatte ich mir selbst wieder unwissentlich eine Struktur der Sicherheit erschaffen, welches ohne Probleme jahrelang so hätte weitergehen können. Optionen hatte ich genug, die wenigen Kosten, die ich hatte durch den Verkauf kleinerer Schriftzüge zu finanzieren… Wenn meine Seele dies zu dem Zeitpunkt denn gewollt hätte.
Und somit blieb ich hinter meinen theoretischen Möglichkeiten und tankte langsam und in einer gesunden Geschwindigkeit ein gesundes Maß an Selbstbewusstsein, indem ich Schriftzüge an Reisende und Volontäre verschenkte, oder auch kleinere Einladungskärtchen machte für die kolumbianische Nachbarsfamilie.

Im Dezember, als ich für einige Wochen zurück in Deutschland war, begann ich mehr Geld auszugeben, für Dinge, die meiner Seele gut tun.
Ich besuchte Menschen, die meinen Lebensweg positiv geprägt hatten. Allen voran meine Familie und meine Freundin, die mit mir aller Logik zum Trotz eine Beziehung eingegangen war, als ich mich bereits auf einem anderen Kontinent befand und die mich auch im März 4 Wochen lang auf meiner Reise begleitete.


(im Bild links: Eine kleine Spielerei mit der ich noch was größeres machen möchte. Im Bild recht: Ein Schild, welches ich in Taganga/Kolumbien beschriftete. Eines der letzten Projekte hier)

Diese Verschiebung von Prioritäten beim Geld ausgeben half mir, mich immer schneller und schneller zu entwickeln, denn ich begann mir irgendwann weniger Sorgen zu machen, was passieren würde, wenn das Geld nicht mehr da ist und somit schrumpfte und schrumpfte mein Budget zu Gunsten meines Seelenfriedens.
Bis zum 19. April 2017, an dem ich heulend vor Erleichterung zusammensackte.

Die Details sind irrelevant. Nur ein paar Punkte nebenbei:
Nur weil ich hin und wieder ein Bild hochladen kann, auf dem ich lächle oder ein Strand zu sehen ist, heißt das noch lange nicht dass 24/7 alles wie am Schnürchen läuft. Wie bei jedem anderen Menschen auch, der sich hinter der Fassade eines Social-Media Profils verbirgt hat meine Geschichte seine Tücken, wie Einsamkeit und das Vermissen von alten Gewohnheiten, wie z.B. einfach mal abends mit guten Freunden in einer Kneipe in Stuttgart ein Bierchen trinken gehen.

Nur etwa 34 Stunden Stunden vor meinem positiven Zusammenbruch befand ich mich in einer ebensolchen Situation, in der mir meine Freunde und Familie zum Glück zur Seite standen. 34 Stunden eingeschlossen in einem Hotelzimmer, weil ich niemanden sehen und hören wollte, außer mir bekannte Gesichter und Stimmen.

Ich hasste die Welt für einen kurzen Moment und fühlte mich wenige Stunden später entsetzlich dumm und hilflos, weil ich sie verantwortlich machte, für etwas, das sich nur in meinem kleinen, für die Welt unbedeutenden Organismus, zusammengebraut hatte. Wenige Stunden später saß ich an meinem Laptop und schrieb bis morgens um 4 meine Gedanken zusammen und ich stellte mir eine Frage nach der anderen, um tief in mir ein paar Antworten zu finden
Warum reagiere ich manchmal so streng und unnachgiebig auf mich selbst und die Welt?
Warum mag ich es nicht wenn Menschen abhängig von mir sind?
Warum mag ich es nicht Erwartungen erfüllen zu müssen?
Warum das daraus resultierende, jahrelange Understatement?
Warum kann ich mich fremden Menschen nicht mehr öffnen und glaube ihnen nicht, dass sie uneigennützig handeln?
Warum sehe ich in Menschen nur noch die bösen, manipulativen Absichten?
(Vermutlich weil Manipulation allgegenwärtig ist. Schon wie sich jemand kleidet, das Lächeln, die Körpersprache, die Aussprache. Alles hat einen Einfluss auf das Umfeld und es gibt Menschen, die sich keine Gedanken darüber machen und die die es tun. Unter denen die es tun gibt es wiederum die, welche uneigennützig damit umgehen und die, welche genau wissen, welche Knöpfe sie drücken müssen um an ihr Ziel zu kommen. Manchmal allen moralischen Bedenken zum Trotz – und das Problem ist, dass ich immer von letzterem ausgehe)

Aber: Warum stört mich das überhaupt und inwiefern bringt mich das weiter?
Und ich fand ein paar interessante Antworten. Die meisten waren verbunden mit ner Menge Angst … und das war ziemlich heftig, auf eine erlösende Art und Weise.

Am selben Abend entschied ich mich, dass die Zeit des zaghaften Experimentierens und Herantastens vorbei war und ich buchte ein One-Way Ticket nach Nicaragua, wo sich Anfang Juni meine Schwester und ein guter Freund für 2 Wochen aufhalten werden.
Warum One-Way? Es war nie der Plan so lange an einem Ort auszuharren, aber es war notwendig. Es war auch nie gedacht, fast nur von meinen Ersparnissen zu leben, aber auch das war wichtig.


(im Bild: die Vereinszeitschrift Ars Scribendi veröffentlichte einen Artikel über meine Reise, was mich sehr freute, da sie sich ausschließlich mit Kalligraphie beschäftigt)

Ich hatte endlich das Selbstvertrauen aufgebaut in Hostels oder Hotels zu gehen und zu wissen „das will ich! Das kann ich!“. Ich hatte mir ein Portfolio mit Arbeiten geschaffen, das es galt zu erweitern und ich hatte endlich ein Konzept!
Jetzt musste ich nur herausfinden ob es funktioniert.

Und somit beginnt die eigentliche Reise ins Ungewisse noch einmal mit meiner Schwester als Begleitung.
Ich freue mich sehr, auch wenn ich direkt wieder in eine leichte Panik verfiel, wie ich gestehen muss, aber scheiß drauf!
„This is not the first rodeo I’ve been to“ wie Jay gerne zu sagen pflegt.

Auch freue ich mich, dass mein Bruder plant mich zu besuchen 🙂

Liebe Grüße
David

Buchempfehlung:
„Werde verrückt – Das Praxisbuch“ von Veit Lindau, welches ich mir noch in derselben Nacht als E-Book auf Empfehlung eines Freundes runtergeladen hatte und das nach nur wenigen Seiten, den Impuls für die Entscheidung gab, meinen Flug zu buchen.
Vielen Dank dafür

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